Noch mehr Hardware: Behringer Model D

Der Behringer Edge hat mich begeistert. Und da ich schon immer den Sound der alten Moogs gut fand habe ich mir einen weiteren semimodularen Synthesizer angeschafft. Behringer macht’s möglich.

Der Behringer Model D ist ein Nachbau des Moog minimoog (Model D). Während es sich bei dem Edge und dem Vorbild Moog DFAM um eher neue Entwicklungen handelt, stammt der minimoog aus den 1970er und ist damit einer der ersten Synthesizer, die große Verbreitung fanden. Die Liste der Musiker und Alben auf denen er zu hören ist, ist lang. Sun Ra, Pink Floyd, Kraftwerk, Klaus Schulze und selbst Bob Marley haben ihn verwendet, um nur einige wenige von ihnen zu nennen. Jetzt könnte man denke, das ich alles Schnee von gestern und heute gibt es viel besseres. Aber weit gefehlt. Der minimoog ist auch heute noch sehr beliebt und es gibt zahlreiche Nachbauten (hauptsächlich in Software). Selbst Moog selbst hat 2022 eine neue (Hardware) Version herausgebracht. Aber ohh – der Preis! Dafür müsste ich mein Auto verkaufen. Dagegen ist der DFAM richtig günstig. Aber ja, das Teil hat ein Keyboard, ein Gehäuse aus edlem Holz und das Ganze wird dann wohl auch eine entsprechende Qualität haben, dass es die nächsten 50 Jahre überlebt. Schon reizvoll. Aber ok, da ich weiter Auto fahren will, freue ich mich über die günstige Variante von Behringer, die wesentlich kleiner ist und deshalb auch noch auf meinen Schreibtisch Platz findet.

Der Aufbau des Model D

Es gibt drei Oszillatoren (VCO). Für jeden Oszillator kann die Oktave und die Wellenform über einen Schalter eingestellt werden. Dabei stehen sechs Wellenformen zur Verfügung, also mehr als die üblichen. Zudem lassen sich über einen Regler zwei der Oszillatoren bezüglich der Frequenz fein einstellen. Dann gibt es noch einen Regler, der sich auf alle drei Oszillatoren auswirkt. Die Signale der Oszillatoren können dann zusammen gemischt werden und um ein weiteres Signal aus einem Rauschgenerator ergänzt werden. Dieses zusammen gemischte Signal geht dann in einem Filter und danach in einen VCA. Beide werden jeweils über eine eigene Hüllkurve gesteuert. Also im Prinzip ein ähnlicher Patch, wie ich ihn in meinem Beitrag zur Subtraktiven Synthese beschrieben hab. Großer Unterschied ist hier, dass statt einem drei Oszillatoren zusammen gemischt werden und ja – so wie es immer ist – andere Komponenten klingen auch anderes. Und: das ist nur die Beschreibung der wichtigsten Komponenten. Es gibt viele weiter Schalter und Regler, mit denen der Klang moduliert werden kann. Auch über die Buchsen lässt sich der Patch – wie bei einem semimodularen Synthesizer üblich – anpassen.

Erfahrungen aus der Praxis

Intuitive Einstellung

Anderes als beim Edge lässt sich der Model D wesentlich intuitiver einstellen. Das mag damit zusammenhängen, dass der Aufbau dem Grundpatch, den ich von der Subtractiven Synthese kenne, doch sehr ähnlich ist. Im wesentlichen geht es darum, die Frequenzen/Oktaven und Wellenformen der Oszillatoren einzustellen. Hier kann man nichts falsch machen. Es hängt eben davon ab, welchen Klang man gerne hätte. Dann werden die Hüllkurven einstellt und im Zusammenspiel damit der Filter.

Midi Schnittstelle

Was auch anderes ist, als beim Edge, ist die Tatsache, dass es beim Model D keinen Sequenzer gibt. Gespielt wird der Synthesizer über den Midi-Anschluss, der damit im Gegensatz zum Edge eine zentrale Bedeutung hat.

Damit ergeben sich einige Möglichkeiten. Entweder es wird ein Midi-Keyboard angeschlossen oder man füttert ihn über einen Sequenzer aus VCV Rack. Auch die Kombination ist möglich: In VCV Rack wird ein Midi Keyboard ausgelesen und an den Model D weitergeleitet. Dies ist meine meist genutzte Version, da sie sehr flexibel ist. Zum einen kann ich auch mit dem Midi-Keyboard (Arturia Keystep) Sequenzen erstellen und abspielen und zum anderen kann ich in VCV Rack die zahlreichen Sequenzer nutzen und dann mit einem Schalter in VCV Rack einfach umschalten. Und nicht zu vergessen – VCV Rack nutze ich sowieso, da ich ja das Ausgangssignal mit Effekten versehen will.

Ich habe einen Basis-Patch in VCV Rack erstellt, der zum Spielen mit VCV Rack genutzt werden kann.

Grundpatch – Einbinden in VCV Rack

Das Modul MIDI->CV fragt das Keyboard ab und überträgt die Signale über CV->MIDI direkt zum Model D. Das Klangsignal des Model D kann dann am Ausgang des Moduls AUDIO 8 abgegriffen werden, das mit dem Audiointerface verbunden ist, an dem auch der Ausgang des Model D angeschlossen ist. Dann geht das Signal in einen Mixer und dann in das Reverb Modul Plateau und von dort wieder in das AUDIO 8 Modul, um über das Audiointerface wiedergegeben zu werden. Zugegeben, der Mixer ist etwas überdimensioniert. Aber das bietet Platz für Erweiterungen, so dass der Model D mit anderen VCV Instrumenten zusammen spielen kann.

Wer möchte, kann sich den Patch herunterladen. In den MIDI-Modulen und im AUDIO-Modul muss dann die eigene Hardware konfiguriert werden. Das kann auch ein anderer Synthesizer als Model D ein. Wichtig ist nur, dass er eine MIDI Schnittstelle hat.

Stimmen

Beim ersten Spielen des Model D klingt es irgendwie schräg. Über Synthesizer aus den 70er Jahren habe ich gelesen, dass sie nicht stimmstabil sind. Das scheint in gewisser Weise auch auf das Model D zuzutreffen. Ich habe jedoch den Eindruck, dass es zum Großteil von der Einstellung der Regler für die Frequenz abhängt und weniger von äußeren Einflüssen. Es gibt zwar auch eine Anleitung von Behringer, die beschreibt wie der Model D durch Messungen und Ändern von internen Trimmpotis kalibriert werden kann, aber ich verlasse mich mal darauf, dass dies von Werk aus schon getan wurde und beschränke mich auf die Einstellregler der Oszillatoren. Problem ist wohl, dass zum einen schon kleinste Bewegungen dieser Regler große/hörbare Auswirkungen haben und dass der Nullpunkt wenige Zehntel Millimeter von dem eingezeichneten Nullpunkt entfernt ist. Dann gibt es noch eine Taste, um einen Kammerton A zu erzeugen, mithilfe dessen die Regler dann eingestellt werden können. Aber hierzu fehlt mir die Erfahrung.

Deshalb verlasse ich mich auf die moderne technische Variante. Das Modul HOT TUNA aus dem obigen Patch zeigt zu der gelieferten Frequenz die Note an. Also habe ich folgendes Verfahren verwendet:

  • Alle Oszillatoren auf RANGE 4′ stellen. Diese Angaben stammen übrigens von Orgelpfeifen und geben die Länge in Fuß an. Aber letztendlich entspricht das auch einer Oktave. Doppelte Länge -> halbe Frequenz -> eine Oktave niedriger.
  • Nur den ersten Oszillator einschalten und am Keyboard die Taste C4 drücken. In HOT TUNA sollte jetzt auch C4 erscheinen. Wenn nicht dann über die Feineinstellung TUNE am Model D Anpassungen vornehmen, bis es passt.
  • Dann nacheinander diesen Vorgang für die anderen beiden Oszillatoren wiederholen. Hierbei wird dann jedoch die Frequenz über den dem Oszillator entsprechenden Regler eingestellt.

Wichtig ist, dass immer nur ein Oszillator zu hören ist und dass Oszillator 1 zuerst eingestellt wird, weil der Regler TUNE die Frequenz von allen drei Oszillatoren ändert. Mit dem Verfahren ist es auch möglich die Oszillatoren um eine genaue Anzahl von Notenwerten exakt gegeneinander zu verstimmen, in eben nicht auf C4 sondern einen anderen Wert eingestellt wird.

Spielweise

Beim Edge habe ich schon die Erfahrung gemacht, dass modulare/semimodulare Synthesizer gerade in Hardwareausführung anderes gespielt werden, als herkömmliche Instrumente. Hier kommt es nicht so sehr auf die Noten an, sondern auch auf den Klang, der immer wieder durch Verändern der Regler angepasst wird und sich entwickelt. So habe ich auch beim Model D eine Spielweise entdeckt, die im wesentlichen darauf beruht, die Regler zu ändern.

  • Zuerst stelle ich einen Klang am Model D ein, der mir gefällt. Meistens benutze ich dazu alle drei Oszillatoren. Ich ändere die Wellenformen, die Hüllkurven und den Filter. Die Oktaven der Oszillatoren stelle ich so ein, dass alle Bereiche – Tiefen – Mitten – Höhen – mehr oder weniger abgedeckt werden.
  • Das ist die Ausgangsposition. Mit diesem Klang klimpere ich dann etwas auf dem Keyboard, bis ich etwas finde, dass mir gefällt. Das erfasse ich dann im Sequenzer des Keyboard.
  • Dann drehe ich am Mixer zwei der drei Oszillatoren herunter, so dass nur noch der eine zu hören ist.
  • Somit habe ich den Ausgangspunkt für mein Stück und ich drücke den Aufnahmeknopf in VCV Rack.
  • In dieser Einstellung lasse ich die Sequenz ein paar mal durch laufen. Dann nehme ich über den Mixer des Model D langsam die anderen Oszillatoren hinzu. Erst den eine, dann den anderen. Der Effekt ist, dass der Klang langsam von hinten hineinkommt. Der Behringer Model D und sein Vorbild der minimoog Model D werden immer als monophon beschrieben. Ok, sie nehmen nur eine Taste an, mit der ein Ton gespielt werden kann, aber hier hört man tatsächlich drei Töne, auch wenn sich nur die Oktaven unterscheiden.
  • Weitere Variationen bestehen dann darin, die Sequenz zu transponieren. Mit dem Arturia Keystep geht das ganz einfach, indem beim Spielen der Sequenz eine andere Taste gedrückt wird.
  • Dann ändere ich die Hüllkuven von VCA und Filter oder auch die Einstellungen des Filters selbst, um den Klang anzupassen. Wichtig ist: immer in Bewegung bleiben, damit es nicht langweilig wird.
  • Auch das Ändern der Wellenform einzelner Oszillatoren ist eine Möglichkeit. Aber leider hört man das Umschalten durch einen deutlichen Blob, der durch die Verwendung eines Reverbs noch verstärkt wird. Gleiches gibt für die Oktaven der Oszillatoren.

Beispiele

Hier zwei Beispiele, wie sich das so etwas anhört.

Lassen Sie sich nicht dadurch verwirren, welche Module in VCV im Video angezeigt wird. Ich habe vorher einiges ausprobiert und einen Patch erstellt, der erstmal alles mögliche beinhaltet. Letztendlich ist es nur der Sound des Model D, der mit die Sequenz aus dem Artura Keystep gefüttert wird und über eine Equalizer (EQS), einen Chorus-Effekt und einen Reverb-Effekt verbessert wird. Also die Module, die im Screenshot oben zu sehen sind.

Die Sequenz besteht aus den schwarzen Tasten des Keyboard, die hoch und runter gespielt werden. Ich habe keine Ahnung, welche Tonart das ist und es ist bestimmt auch nicht chinesisch. Aber für mich hört es sich so an.

In dem Stück hört man schön, wie die Oszillatoren in den verschiedenen Oktaven dazu geschaltet/gemischt werden und wieder weggenommen werden.

Link zu externem YouTube Video

Das zweite Beispiel ist nach dem gleichen Schema – eine Sequenz, die transponiert wird und die Veränderung des Klangs – entstanden. Zusätzlich habe ich mir etwas Verstärkung in Form von Schlagzeug in VCV geholt. Entgegen vieler vorheriger Versuche ist es mir bei diesem Stück gelungen, das in Einklang zu bringen.

Die Sequenz basiert auf der Tonart Phrygian 3 (C, C#, E, F, G, G#, A#) und da sich das Ganze für mich sehr arabisch anhört, hat es den Titel ArabianNight bekommen. Ich habe ohne einen Funken Ahnung von Musiktheorie gestartet. Also nehme ich mir öfters mal irgend eine Tonart und drücke die Tasten auf dem Keyboard, bis es sich gut anhört oder bis ich aufgebe. Diese Sequenz ist auf diese Art entstanden.

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