So, bei dieser Software bin ich dann gelandet und sie begleitet mich schon einige Zeit und wird es auch, so wie es aussieht, noch lange tun. Also will ich in meinem zweiten Artikel beschreiben, was das überhaupt ist und wie es funktioniert.
Bei Sonic-Pi, die erste Software, die mich etwas länger beschäftigt hat, wurde die Musik, der Sound durch Code erzeugt. Es gibt dort mehrere interne Softwaresynthesizer, die den Sound erzeugen und die über Programmcode mit Noten gefüttert werden, aber auch in den Parametern veränderbar sind. Das Konzept ist schon speziell und es gibt nur wenig andere Software, die das auf die gleiche Art und Weise macht. Im Gegensatz dazu ist LMMS eher ein konventionelles Werkzeug und geht den Weg, den viele andere Softwarepakete auch gehen. Auch hier gibt es Softwaresynthesizer. Diese werden aber über eine graphische Oberfläche eingestellt. Die Noten dazu kommen dann von verschiedenen Spuren, die ablaufen und letztendlich wird alles in einem Mixer mit Effekten zusammen geführt.
VCV Rack geht wieder einen anderen Weg. Das Vorbild sind modulare Synthesizer (in Hardware). „Modular“ bedeutet, dass es mehrere Module gibt, aus denen der Synthesizer zusammen gesetzt wird. Diese Module werden in ein sogenanntes Rack montiert und können auf verschiedenste Art und Weise verdrahtet – gepatched – werden. Der Synthesizer ist also nicht fertig, sondern wird erst durch das Verdrahten gebaut. Zusammen mit den Einstellmöglichkeiten der einzelnen Module entstehen dadurch viele Arten, wie ein Synthesizer aufgebaut werden kann. Hier ist also nichts von Anfang an festgelegt und kann immer wieder neu entstehen. VCV Rack bildet dieses Verfahren durch eine Software nach. Auch hier können (Software)-Module in ein virtuelles Rack montiert werden und dann über virtuelle Kabel verbunden werden.
VCV Rack ist also ein modularer Synthesizer in Software.
Bei den einzelnen Modulen gibt es viele verschiedene Arten. Nicht alle dienen der Sounderzeugung. Bei vielen Modulen geht es auch darum, Töne (in Form von Notenwerten) zu erzeugen und dann durch die Synthesizer spielen zu lassen. Aber es gibt auch Module, um beispielsweise ein (Midi-)Keyboard anzuschließen.
Ein Beispiel
Hier ein einfaches Beispiel, ohne im Detail darauf einzugehen, wie es funktioniert.
Jedes der Kästchen ist ein Modul. Diese Module werden in das Rack eingefügt und dann über Kabel verbunden. Das erste Modul – MIDI->CV – bindet ein Midi-Keyboard an, dass an dem Rechner über USB angeschlossen ist. Seine Signale werden über (die gelben) Kabel an die beiden Oszillatoren VCO gesendet, die die passenden Töne erzeugen. Diese Töne gehen dann an den Mixer VCA MIX und werden mit etwas Rauschen aus dem Modul NOIS gemischt (rote Kabel). Das gemischte Signal geht dann an den Verstärker VCA, der durch die Hüllkurve des zweiten ADSR EG Moduls gesteuert wird. Letztendlich geht das Signal an das Modul AUDIO, was es an die Soundkarte des Computers weitergibt.
Jedes der Module kann über Regler eingestellt werden. Allein dieses kleine Beispiel enthält viele Regler und weitere Möglichkeiten, die Module zu verbinden. Zugegeben – nicht alle Einstellungen und Verbindungen sind sinnvoll. Aber trotzdem lässt das erahnen, wie groß der Bereich der Möglichkeiten mit VCV Rack ist.
Selbst ausprobieren
Ich spare mir mal bei diesem ersten Artikel ein Video und den entsprechenden Patch. Statt dessen empfehle ich, VCV-Rack selbst auszuprobieren. Es gibt eine kostenlose Version der Software für die gängigen Betriebssystem (Windows, Linux, Mac), die wirklich sehr einfach zu installieren ist. Sie lädt beim ersten Start einen ähnlichen Patch, bei dem man nur die Soundkarte konfigurieren muss. Danach kann man mittels Computer-Keyboard Melodien spielen.
Hier der Link zur Webseite: https://vcvrack.com/Rack#get (externer Link)
Mehr als ausprobieren
Bei der kostenlosen Version handelt es sich nicht um eine Demoversion, wie man sie von anderer Software kennt. Sie ist uneingeschränkt nutzbar, obwohl es auch eine Pro Version gibt. Sie beinhaltet einen Großteil der Module, die VCV ausliefert und ermöglicht damit alle Basispatches zu erstellen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Module von Drittanbietern herunterzuladen. Dazu müssen Sie allerdings einen (ebenfalls kostenlosen) Account auf der Webseite von VCV anlegen. Auch hier werden Sie sehen, dass der Großteil der zusätzlichen Module kostenfrei ist.
Von dieser Seite her gesehen ist das ganze eine sehr günstige Sache und es besteht kaum Notwendigkeit, die Pro-Version oder kostenpflichtige Module zu erstehen (ich habe es trotzdem getan, weil ich die Software wirklich super finde).
Aber einige Dinge sollte man beachten, wenn es um einen tieferen Einstieg geht:
- Einfache Patches laufen auf fast jedem Rechner. Aber wenn es komplexer wird, steigen die Anforderungen an die Rechenleistung.
- Damit das Ganze so richtig Spaß macht, ist eine gute Soundausgabe wichtig. Ich persönlich finde da Kopfhörer sehr gut. Nebeneffekt ist, das die Umgebung akustisch verschont wird. Empfehlen kann ich als „gut&günstig“ die Kopfhörer von Superlux (zB HD-660 Pro). Allerdings sollte man einen passenden Anschluss entweder in Form eines Kopfhörerverstärkers oder eines Audiointerfaces haben. Die Kopfhörerausgänge von Notebook und PC sind aufgrund von Leistung und/oder Klang weniger geeignet. Als Audiointerface kann ich die Teile von Focusrite Scarlett empfehlen, die in der Vorversion oft günstiger sind. Zudem besteht damit die Möglichkeit externe Soundquellen (Micro, Hardwaresynthesizer, ..) in VCV-Rack einzubinden.
- Neben der Ausgabe ist auch die Noteneingabe von Bedeutung. Man kann bei VCV-Rack da mit der vorhandenen Computertastatur auskommen. Aber gerade, wenn man einen Patch neu entwickelt und probieren möchte, wie er klingt, dann ist doch ein (kleines!) MIDI-Keyboard angenehmer. Hier kann ich eines der weit verbreiteten Arturia Keystep Modelle empfehlen. Diese besitzen zudem einen (einfachen) Sequenzer, so dass man beim Ausprobieren eines Sounds an den Reglern von VCV Rack drehen kann, ohne die Tasten auf dem Keyboard selbst zu drücken.
… und ach ja, das alles sind nur Empfehlungen und ich mache hier keine Werbung für diese Produkte und werden auch nicht in irgendeiner Weise dafür bezahlt. Nein – ich finde die Sachen wirklich gut.
Aber vielleicht möchten Sie auch erstmal nur ausprobieren, was mit VCV-Rack möglich ist oder darauf warten, was in meinen kommenden Beiträgen noch folgt. Brauchen tun man diese Sachen (abgesehen von der Rechenleistung) nicht unbedingt, aber sie machen das Ganze einfacher und angenehmer.