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Als VCV Rack Nutzer hat man durch Videos und Patches aus dem Netz ein großes Potential an Unterstützung. Ständig findet man etwas neues, das interessant klingt, und das man unbedingt ausprobieren muss. Dabei bin ich auf einen Patch von Omri Cohen gestoßen, der einen Hardware-Synthesizer nachbildet. Wer sich nur ein bisschen mit VCV Rack beschäftigt, der wird unweigerlich auf die Patches und Videos von Omri Cohen stoßen. Gefühlt ist die Zahl der Patches so unendlich wie die Zahl der Module, die es für VCV Rack gibt. Seine Veröffentlichungen sind sehr beliebt und das zu recht.
Moog DFAM – Drummer from another Mother
In diesem Patch wurde der semimodulare Synthesizer Moog DFAM – Drummer from another Mother – nachgebaut. Zur Info: semimodulare Synthesizer sind ein Zwischending zwischen Synthesizern mit fest verbauten Komponenten und modularen Synthesizern. Die vorhandenen Module sind fest verdrahtet, aber es gibt die Möglichkeit über Signale, die über Buchsen nach außen geführt werden, diese Verdrahtung in einem gewissen Spielraum anzupassen. Da auch semimodulare Synthesizer ähnliche Komponenten verwenden, wie modulare Synthesizer, lassen sie sich gut mit VCV Rack nachbauen, auch wenn der Nachbau nicht zu 100% das gleiche Ergebnis liefert.
Hier der Link zum Patch von Omi Cohen auf Patchstorage:
https://patchstorage.com/lets-build-the-moog-dfam-in-vcv-rack/ (externer Link)
Dort gibt es auch ein Video, das zeigt, wie der Patch aufgebaut ist.
Moog DFAM ist ein analoger Percussion Synthesizer, wie man anhand des Namens, für den das Kürzel steht vermuten kann. Er besitzt zwei VCOs mit Dreieck oder Recheck-Signal, die über eine Hüllkurve gesteuert werden und einen Rauschgenerator. Diese drei Signale werden über drei Regler zusammen gemischt und gehen in einen Filter, dessen Cutoff ebenfalls über eine Hüllkurve gesteuert wird. Eine dritte Hülkurve steuert dann die Lautstärke des Ausgangssignals über einen VCA. Bei den Hüllkurven gibt es jedoch nur den Regler Deacy – also die Zeit bis zu der die Hüllkurve auf den maximalen Wert ansteigt und einen Regler, um die Stärke einzustellen, mit der die Hüllkurve auf die beiden VCOs und den Filter wirkt.
Dann gibt es noch zwei Reihen von acht Reglern, die einen Sequenzer bilden. Die erste Reihe steuert die Tonhöhe der VCOs und die zweite die Lautstärke des Ausgangssignals. Bei den Reglern für die Tonhöhe kann über einen Schalter eingestellt werden, ob sie auf einen, beide oder gar keinen VCO einwirken. Ansonsten ergibt sich die Tonhöhe aus der Einstellung der Frequenz für den jeweiligen VCO selbst.
Diese kurze Beschreibung hört sich vielleicht etwas kompliziert an. Wenn man sich das Video aus dem obigen Link anschaut und den VCV Rack Patch, dann wird es vielleicht etwas klarer. Eventuell entsteht auch der Eindruck, dass gespart wurde, weil es bei den Hüllkurven nur einen Decay Regler gibt. Mein Eindruck ist jedoch, dass es sich hier um einen sehr raffinierten Aufbau handelt.
Das erste, was mich gewundert hat, ist die Tatsache, das hiermit tatsächlich Klänge entstehen, die an Trommeln, Percussion und Schlagzeug erinnern. Ich hätte gedacht, dazu braucht andere Mittel als VCO, VCF und Rauschgeneratoren. Und selbst ohne den Rauschgenerator lassen sich solche Töne erzeugen.
Der zweite geniale Punkt an diesem Patch ist, dass die Hüllkurven über Decay und Envelope (für die Stärke, mit der die Hüllkurve wirkt) sehr gut eingestellt werden können. Dabei sollte man beachten, dass für Envelope auch negative Werte eingestellt werden können.
Das dritte geniale ist der Sequenzer. Er ist zwar sehr einfach und hat auch nur 8 Schritte. Aber er erlaubt es die Lautstärke einzustellen, was dem Ganzen sehr viel Dynamik verleiht. Bisher dachte ich, dass ein Sequenzer einmal eingestellt wird und dann seine Sequenz abspielt. Das ist hier aber nicht so. Der Reiz besteht darin, die Sequenz während des Abspielens zu schrittweise ändern, so das aus einer Sequenz nach und nach eine andere entsteht.
Die Regler bewegen
Bei herkömmlichen Instrumenten werden Töne in Form von Noten gespielt, die sich im wesentlichen in Tonhöhe und Lautstärke unterscheiden. Beim modularen Synthesizer kann ich den Klang selbst während des Spiels verändern und durch das Anpassen der Regler allmählich von einem Sound zum nächsten gelangen und dann wieder zum nächsten.
Und genau das habe ich mit diesem Patch getan. Dabei sind einige Videos entstanden, die auf meinem Kanal zu sehen sind. Hier der Link zu einem davon (Die anderen sind ebenfalls auf dem Kanal (leicht) zu finden):
Ich muss sagen, ich war regelrecht begeistert, was mit diesem Patch möglich ist. So viele verschiedene Sounds. Und dabei habe ich noch nicht mal die Sequenz geändert.
Erfahrungen mit Hardware: Behringer Edge
Ja, eigentlich wollte ich doch ganz gerne mal Hardware ausprobieren. Und wenn es nur ist, um einen Vergleich zu haben. Der Moog DFAM kostet allerdings doch etwas Geld (für meine Verhältnisse). Aber da gibt es ja ein Unternehmen, das solche Dinge nachbaut: Behringer und den Behringer Edge in diesem Fall. Es wird viel darüber im Netz diskutiert, ob das moralisch so in Ordnung ist, da die Preisunterschiede doch erheblich sind. In meinem Fall war der Moog DFAM keine Alternative. Schließlich bin ich Einsteiger und will es nur mal ausprobieren, auch wenn ich das in letzter Zeit schon sehr intensiv getan haben. Also ist die Behringer Variante eigentlich genau die richtige.

Die erste Erfahrung damit war ernüchternd. Es war nämlich kein Ton zu hören. Das geht wahrscheinlich vielen Anfängern so. Dann hatte ich doch recht schnell die Lösung: man muss die VEL (Lautstärke) Regler beim Sequenzer aufdrehen und den Cutoff des Filters.
Das Einbinden des Edge in VCV Rack funktioniert sehr gut! Über das Audiointerface kann der Edge an den Computer angeschlossen werden. Das Signal kann dann über ein Audio-Modul abgegriffen werden und mit Effekten, wie zum Beispiel ein Reverb angepasst werden. Auch die Signale des Sequenzers lassen sich über ein MIDI-CV Modul in VCV Rack abgreifen und können andere Tonerzeuger in VCV-Rack steuern. Letztendlich kann der Edge auch über Sequenzer aus VCV-Rack über MIDI gesteuert werden.
Soweit so gut. Aber wie verhält sich denn die Hardware jetzt zu dem Patch zu VCV-Rack?
Klang/Sound
Was den Sound/Klang betrifft würde ich schon sagen, dass der Edge wesentlich besser klingt, als der obige Patch zu VCV Rack. Machen Sie sich selbst ein Bild. Ich habe einige Videos auf meinem Kanal abgelegt:
Auf der anderen Seite muss ich schon sagen, dass der Vergleich schwierig ist, weil es zwar Komponenten handelt, die gleich verdrahtet sind, aber doch von ihrer Art her komplett unterschiedlich sind. Vielleicht bekommt man mit dem Patch den gleichen Sound hin, wenn die Regler anderes eingestellt werden. Aber vielleicht auch nicht.
Handling
Hier gibt einige Punkte, die wohl mehr oder weniger auf alle Hardwaresynthesizer im Vergleich zu VCV-Rack zutreffen.
Der erste Punkt ist der, dass beim Edge die Knöpfe nicht mit der Maus bewegt werden, sondern direkt mit der Hand. Das ergibt ein ganz anderes Spielgefühl und man kann auch mal zwei Regler gleichzeitig ändern. Zudem sind die Regler in einer sinnvollen Position angeordnet. In VCV Rack muss man den richtigen Regler auf Bildschirm erst mal suchen. Zusätzlich hat man dort immer alle Regler eines Moduls, also auch die, die es beim Edge gar nicht gibt. Das ist also ein großer Pluspunkt für den Edge.
Aber hier liegt auch einer der Nachteile. Die Postionen der Regler können nicht gespeichert werden. VCV Rack bietet dazu viele Möglichkeiten an, so dass man gute Einstellungen speichern kann und immer wieder dorthin zurückkehren kann bzw. zwischen diesen Einstellungen umschalten kann. Beim Edge hingegen kann man diese Einstellungen in einem Patchsheet (einer schematischen Zeichnung) markieren, um sie festzuhalten oder ein Foto der Regler machen. Um den Zustand dann wieder einzustellen, muss man jeden Regler einzeln anpassen. Hier besteht die Gefahr, das etwas falsch eingestellt wird.
Damit ich nicht jedes Mal zum Handy greifen muss, um ein Foto zu machen, wenn ich eine gute Einstellung gefunden habe, habe ich teilweise eine Kamera mitlaufen lassen. Tatsächlich habe ich die so festgehaltenen Einstellungen bis heute nicht nochmals genutzt. Irgendwann habe ich mir gesagt, dass ich einfach lernen muss, welcher Regler, welche Auswirkungen in Kombination mit anderen Reglern hat, um damit umzugehen. Aber ich muss sagen, das ist beim Edge gar nicht so einfach. Ich habe später noch einen zweiten Synthesizer in Hardware beschafft – den Behringer Model D (Blogbeitrag folgt) – der wesentlich intuitiver einzustellen ist. Natürlich weiß ich, was die einzelnen Regler tun. Aber durch das Zusammenspiel der Einstellungen gibt es immer wieder Überraschungen.
Fazit
Das Spielen des Edge und auch des Patches, der den DFAM nachbildet, hat mir sehr viel Spaß gemacht und würde es auch noch tun, wenn es nicht andere Dinge gäbe, die sich in den Vordergrund gedrängt haben. Schwierig ist und war für mich, den Edge zusammen mit anderen Stimmen zu spielen. Technisch gibt es da keine Hürde. Es ist gar kein Problem mit VCV Rack andere Stimmen zu erstellen und mit einem Sequenzer automatisch zu spielen. Aber irgendwie passt das alles nicht so richtig zusammen. Das hängt wohl zum einen damit zusammen, dass der Edge mit seinen perkussiven Sounds doch sehr dominant ist. Und zum anderen fehlt mir hier einfach das musikalische Know How und die Erfahrung.