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Am Anfang stellt sich die Frage: Wie erzeugt man einen Klang mit VCV Rack?
Bei dieser Frage gelangt man ziemlich schnell zu dem Begriff „Subtractive Synthese“. Dabei wird aus einer Klangquelle, die eine einfache Wellenform besitzt, durch Filter und Hüllkurven ein Klang erzeugt, der eine andere Wellenform besitzt.
So hört es sich an
Da es in den ersten beiden Blogbeiträgen relativ viel Text gab, will ich hier mal direkt mit einem Video starten, das verschiedene Synthesizer mit Subtraktiver Synthese in Aktion zeigt. Lassen Sie sich nicht von den vielen Modulen verwirren. Es geht erstmal nur um den Klang.
Nach diesem Klangfeuerwerk komme ich dann zur …
Theorie – wie funktioniert Subtraktive Synthese
Ja, ich weiß, die Theorie ist grau und trocken. So ist es nun einmal. Aber sie muss sein, um die Dinge zu verstehen – gerade am Anfang. Ich versuche nicht allzu sehr in die Tiefe zu gehen (obwohl ich das mag). Das würde auch den Rahmen des Blogs sprengen. Außerdem gibt es im Netz viel zur Subtraktiven Synthese zu lesen. Sie müssen sich nicht unbedingt damit beschäftigen und können beim nächsten Abschnitt weiter lesen. Aber wenn man selbst mit VCV Rack arbeiten will, dann ist es schon hilfreich.
Und ich prophezeie, dass es in den kommenden Beiträgen weniger Theorie und mehr Sound geben wird.
Die Klangquelle besteht aus einem Oszillator, also eine elektronische Schaltung, die eine Schwingung erzeugt. Diese hat eine bestimmte Frequenz. Durch eine Spannung von außen kann die Frequenz geändert werden. Deshalb werden diese Oszillatoren auch als „Voltage Controlled Oszillator“ – kurz VCO beschrieben. In diesem Fall kommt die Steuerspannung vom Keyboard und sorgt dafür, dass die zur Taste passende Frequenz vom VCO erzeugt wird.

Das was aus dem Oszillator dann heraus kommt, ist ebenfalls eine Spannung. Da es ein Oszillator ist, handelt es sich um eine Wechselspannung. Die Spannung wechselt aber nicht einfach nur zwischen zwei Werten hin und her, sondern sie nimmt auch Zwischenwerte an. Damit entsteht über die Zeitachse betrachtet eine Kurve, eine Wellenform. Dies ist typischerweise bei der Subtraktiven Synthese Sinus, Dreieck, Sägezahn oder Rechteck. Je nach Wellenform enthält das Signal mehr oder weniger Oberwellen, die in anderen Frequenzbereichen liegen.
Die Idee der Subtraktiven Synthese ist, diese Oberwellen mehr oder weniger zu entfernen. Das wird typischerweise durch einen LowPass–Filter gemacht. Die hohen Frequenzen werden dadurch entfernt. Der Filter ist regelbar und es kann eine Grenzfrequenz einstellen werden – den so genannten Cutoff. Alles unterhalb dieser Frequenz wird durchgelassen und alles oberhalb wird entfernt. Damit entsteht eine andere Wellenform und ein anderer Klang. Das alleine kann schon als Subtraktive Synthese bezeichnet werden. Der Begriff Subtraktiv kommt von subtrahieren und hat damit zu tun, dass aus dem Ursprungssignal Anteile entfernt werden.
Aber es geht bei meinem ersten Basis-Patch noch weiter. Der Wert für den Cutoff ist nicht fest. Er ist ebenfalls durch eine Steuerspannung änderbar. Es handelt sich hier um einen „Voltage Controlled Filter“ – kurz VCF.
Die Abkürzung VC für „Voltage Controlled“ taucht oft in Modularen Systemen auf, weil es eines der Grundprinzipien ist. Es gibt viele Dinge in Modulen, die sich über eine Steuerspannung ändern lassen.
Zurück zum Cutoff des Filters. Dieser wird über eine Hüllkurve geändert. Ähnlich wie ein Oszillator erzeugt das Modul ADSR EG eine Spannung, die sich über die Zeitachse ändert. Gesteuert wird die Kurve über das Gate-Signal des Keyboard. Letztendlich wird also abhängig von den Einstellungen des Moduls ADSR EG und der Dauer des Tastendrucks der Cutoff des Filters gesteuert.
Am Schluss der Kette – bevor das Signal in das Modul Audio geht – steht das Modul VCA. Das VC steht für – richtig – „Voltage Controlled“ und das A für „Amplifier“. Also ein spannungsgesteuerter Verstärker. Dieser Begriff ist jedoch verwirrend, denn hier wird das Signal nicht verstärkt, sondern im Gegenteil sogar abgeschwächt. Gäbe es den VCA nicht, dann wäre das Signal permanent zu hören. Ziel des VCA ist es also, das Signal nur dann durchzulassen, wenn eine Taste gedrückt wird. Hier könnte man jetzt direkt das Gate-Signal des Keyboard nutzen. Aber damit das Anklingen des Tones als auch das Abschwellen nicht schlagartig passiert, wird auch hier ein ADSR EG Modul verwendet, das über das Gate-Signal gesteuert wird.
Also zusammengefasst lässt sich sagen, dass im VCO ein Signal erzeugt wird, dass dann durch einen VCF in den Obertönen beschnitten wird und durch einen VCA in der Lautstärke (Amplitude) angepasst wird. Gesteuert werden VCF und VCA durch eine Hüllkurve, die wiederum durch eine Taste des Keyboard gesteuert wird. Im Oszilloskop oben kann man gut sehen, was mit dem Signal des VCOs passiert. Das Signal des VCOs ist in lila zu sehen und das Signal hinter dem VCA (was dann auch zu hören ist) ist in Rot zu sehen. Beim Signal des VCO handelt es sich um ein Rechteck-Signal, dass viele Oberwellen enthält, was an den unsauberen Ecken zu erkennen ist. Daraus wird ein Signal, das abgerundete Ecken enthält und (zu diesem Zeitpunkt des Ausklingens) wesentlich kleiner (leiser) ist.
Soweit zu diesem Grundpatch der Subtraktiven Synthese. Es ist zwar ein wichtiger Patch, aber nur einer von vielen. Das heißt, es gibt weitere Patches, die ebenfalls nach der Subtraktiven Synthese arbeiten, aber anderes sind. Subtraktive bedeutet nur, dass eine Wellenform bearbeitet wird, indem Teile entfernt werden.
Das alles ist natürlich nicht meine Erfindung und auch den Patch habe ich nur nach gebaut. Diese Art der Subtraktiven Synthese gibt es schon seit der Erfindung der Synthesizer in den 60er Jahren. Aber ich musste mich damit beschäftigen, um den Umgang mit VCV Rack zu lernen und der obige Text ist das mit meinen Worten beschriebene Ergebnis des Gelernten.
Praxis und Erfahrungen aus der Praxis
Es ist jetzt – wo ich diesen Blogbeitrag schreibe – schon einige Zeit her, seit ich mich mit diesem Grundpatch beschäftigt habe. Den Patch aus dem obigen Video habe ich hingegen erst vor Kurzem erstellt. Aber er enthält im Prinzip genau diesen Grundpatch, mit einigen Anpassungen aufgrund wichtiger Erfahrungen der vergangen Zeit.

Rauschgenerator
Zusätzlich zu dem VCO habe ich einen Rauschgenerator (NOIS) hinzugefügt, der über einen Mixer zum Signal des VCO bei Bedarf hinzugefügt werden kann. Die Art des Rauschens kann über einen Schalter (RM 5>1) eingestellt werden. Das Rauschen kommt vor allem bei der Erzeugung perkussiver Klänge zum Tragen.
Verschiedene Einstellungen
Einen Fehler, den ich zu Beginn meiner Arbeit mit VCV Rack gemacht habe, war dass ich die Einstellung der Regler unterschätzt habe. Das betrifft vor allem in diesem Fall das Modul ADSR EG. Ich war der Meinung, dass andere Klänge vorwiegend durch eine andere Verkabelung entstehen. Das ist aber falsch. Auch durch das Anpassen der Parameter kann ein komplett anderer Klang entstehen, wie das Video auch zeigt.
Da sich die Einstellungen über mehrere Module verteilen, habe ich das Modul 8FACE hinzugefügt, mit dem es möglich ist, die Einstellungen in einem der Knöpfe zusammen zu fassen. Damit ist es also möglich, den Klang per Knopfdruck umzuschalten.
Verschiedene Plugins
Eine weitere Tatsache ist, dass andere Module auch anderes klingen. Auch wenn es sich um die gleiche Wellenform handelt, klingt ein Oszillator anderes als der andere und ein Filter ebenfalls anderes als der andere.
Deshalb habe ich den gleichen Patch vier mal aufgebaut und jeweils die Module eines anderen Plugins verwendet.

Eine weitere Erfahrung, die ich dabei gemacht habe: Es ist schwierig, die Parameter eines Moduls von Plugin A auf ein gleichwertiges Modul von Plugin B zu übertragen. So werden bei den Modulen von VCV selbst beispielsweise die Zeiten in Millisekunden beim Modul ADSR EG angegeben und beim Plugin VULT liegt der Bereich zwischen einem Wert von 0 bis 1.000 ohne die Angabe einer Einheit.
Aber selbst, wenn die Wertebereiche der Regler zueinander passen, heißt das nicht, dass bei gleichem Wert ein ähnlicher Sound entsteht. Hier hilft es nur, die Regler nach Gehör einzustellen. Aber ja – unterschiedliche Plugins – unterschiedliches Verhalten. Das macht ja auch Sinn, denn sonst hätten andere Plugins ja gar keine Daseinsberechtigung.
Mixer und Effekte
Eine weiteres Modul, das ebenfalls großen Einfluss auf den Sound hat und deshalb nie fehlen sollte, ist ein Reverb-Modul. Im Gegensatz zu normalen Instrumenten gibt es bei Synthesizern keinen Raum, in dem sie klingen können. Dieser Effekt wird deshalb durch ein Modul erzeugt, das durch den Hall dem Klang eine gewisse Tiefe gibt.

In diesem Fall werden die Ausgaben der vier gleich aufgebauten Patches durch einen Mixer zusammen geführt und dann vor der Ausgabe an ein Reverb Modul weitergegeben. Beim Spielen der einzelnen Synthesizer wird immer nur einer der Regler am Mixer hoch gedreht.
Sequenzer
Damit der Patch die Noten auch selbst spielen kann, habe ich einen Sequenzer (FOUNDRY) mit aufgenommen. Sequenzer spielen Noten, die vorher einprogrammiert wurden.

Jeder Patch zu einem Plugin enthält ein RM 5>1×2 Modul, mit dem der Eingang gewählt (LED im Modul anklicken) und so bestimmt werden kann, ob die Noten vom Keyboard oder vom Sequenzer kommen.
So kann man sich die Einstellungen der Module anhören, ohne dass Tasten auf dem Keyboard gespielt werden müssen.
Über das Modul CLKD, das den Takt vorgibt, kann die Abspielgeschwindigkeit geändert werden.
Das Modul RM 1>5×2 vor dem Sequenzer dient dazu, das Keyboard auf den Sequenzer zu schalten, um neue Sequenzen einzugeben.
Selbst ausprobieren
Wer VCV Rack installiert hat und den Patch ausprobieren will, der kann ihn herunterladen. Ich habe ihn auf der Seite Patchstorage veröffentlicht, wo es auch viele weitere Patches (von anderen Nutzern) zu den unterschiedlichsten Systemen gibt. Hier der Link dazu:
https://patchstorage.com/base-subtractive-synths/ (externer Link)